Neuromarketing: Kommunikation oder Manipulation
Um den Begriff des Neuromarketings entbrennen immer wieder die schönsten Diskussionen. Nebst der Definition des Begriffes, geht es häufig um die mit Neuromarketing assoziierten Begriffe Manipulation und Kommunikation.
Prinzipiell ist man beim Neuromarketing daran interessiert, das Marketing zu verbessern, indem man Vorteile für Unternehmen und Kunden auf einen Nenner bringt. Potenzielle Kunden wollen in Bezug auf Motivation, Wünsche und Verhalten verstanden werden. Eine darauf ausgerichtete, für beide Seiten gewinnbringende, Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden will aufgebaut werden. Doch erst wer versteht wie das Gehirn tickt, kann auch wirklich zielführend kommunizieren. Professionelle Neuromarketeers werden also bemüht sein, sich mit der Thematik penibel genau auseinanderzusetzen.
Auf der anderen Seite ertönen Kritiken mit der Aussage, dass Unternehmen Neuromarketing zur Manipulation verwenden. Die Befürchtung lautet, dass unbewusste Prozesse des Gehirns gezielt angesteuert werden, mit denen die Unternehmen maßgeblich auf die Entscheidungsfindung Einfluss nehmen und das nicht auf die feine Art und Weise. So sollen Produkte und Dienstleistungen an den Mann gebracht werden, die sonst nicht zu vermitteln wären. Die Kritik und Sorge ist nicht ganz aus der Luft gegriffen, denn es ist z.B. ein offenes Geheimnis, dass Neuromarketing mittlerweile auch für Parteienwerbung oder, aktuell in den USA zu sehen, für die Präsidentschaftswahlen verwendet wird. Es wird hier gerne mit Angst und dem Sicherheitsbedürfnis des Volkes gespielt. Das ist grundlegend zwar nichts Neues, aber die Effizienz hat sich durch moderne Forschungsergebnisse und deren angewandte Ableitungen erhöht. Wer das Unterbewusste beherrscht, der beherrscht auch das Bewusstsein, so zumindest die Theorie. Die Sorge um Manipulation ist entsprechend groß.
Als interdisziplinäre Wissenschaft profitiert Neuromarketing aus den Erkenntnissen vieler Untersuchungen und Wissenschaftsbereiche. Menschliche Gehirne sind zwar extrem komplex und keines gleich wie das andere, trotzdem kann man Grundsätzlichkeiten und Tendenzen erkennen, die Neuromarketeers für sich nutzen können. Die Hirnforschung lässt keinen Zweifel daran, dass unsere Entscheidungen im Unterbewussten getroffen werden, lange bevor wir sie bewusst zur Kenntnis nehmen und artikulieren. Anstatt nur mit Sprache und Bildern zu arbeiten, geht es auch um Symbolik, Laute, Gerüche und andere Reize, die primär auf das Unterbewusstsein ausgerichtet sind. Unter diesem Blickwinkel geht es beim Neuromarketing tatsächlich hauptsächlich um eine effektivere Kommunikation. So wie man als Kunde bei einer Anfrage direkt mit dem Entscheidungsträger sprechen will, so wollen Unternehmen mit den Entscheidungsträgern in den Köpfen ihrer Kunden sprechen. Dies ist als solches durchaus nachvollziehbar.
Doch wie steht es um die Manipulation. Wenn das Bewusste nicht mitbekommt, was das Unbewusste entscheidet, aber das Unbewusste direkt von Unternehmen oder Regierungen angesprochen wird, ist die Angst nach Manipulation vorprogrammiert und auch begründet.
Eine Manipulation am Charakter als solches ist eigentlich nicht möglich, denn die Strukturen einer Persönlichkeit entwickeln sind schon früh im Leben und bleiben meist auch so, bis ins späte Alter hinein. Doch obwohl man nicht direkt gegen den Charakter manipulieren kann, so ist es doch möglich, eine gezieltere Kommunikation mit dem Motivationstypus einer Persönlichkeit herzustellen, um im Zweifelsfall so ein erwünschtes Handeln auslösen zu können. Um nochmal zurück zur Politik zu kommen: ein ängstlicher Mensch wird kaum mit Werbeplakaten zum Thema Mut angesprochen werden, dafür aber umso eher beim Thema Sicherheit aufhorchen, da es mit seinem unbewussten Motivationstypus Angst korreliert.
Eine einfache Antwort auf die eingangs gestellte Frage „Neuromarketing – Kommunikation oder Manipulation?“ ist nicht möglich, denn obwohl Neuromarketing sich tatsächlich primär mit der Kommunikation mit dem Unterbewussten befasst, ist gezielte Manipulation des Unterbewussten vorstellbar. Allerdings nur unter der Prämisse, wenn die Kommunikation auf bereits vorhandene Persönlichkeitstypen zielt.
Wir persönlich vertreten die Ansicht, dass es gerade beim Marketing um eine Verbesserung der Kommunikation gehen muss! Die Vorteile eines Produktes müssen auch im Unterbewussten des jeweiligen Kunden ankommen, gerade weil die Prozesse des Unterbewussten anders als im Bewussten ablaufen, im Unbewussten aber über einen Kauf oder Nichtkauf entschieden wird. So entstehen Werbemaßnahmen, deren Effizienz nicht immer direkt offensichtlich ist, an deren Erfolg man jedoch durchaus den Wert von Neuromarketing messen kann.